Eisstockschiessen – Die Geschichte des Stocksports
Draußen Sport betreiben - auch im Winter. Das ist bereits seit vielen Jahrhunderten Gang und Gäbe. Eine Sportart, deren Vorläufer schon seit dem 13. Jahrhundert die Wintersportler begeistert, ist das Eisstockschießen. Ob es nun die Skandinavier oder die Holländer waren, die den Sport erfunden haben, ist ein bisschen umstritten.
Eisstockschießen - Wie alles begann...
Es war wohl im 13. Jahrhundert, als in Skandinavien der Vorläufer vom Eisstockschießen geboren wurde. Während damals eher der Adel sportlichen Aktivitäten wie Fechten und Reiten zugetan war, suchte sich auch das normale Fußvolk eine Beschäftigung, bei der Sportsgeist, Geschick und Konzentration gleichermaßen vonnöten war - die "Jagd" war geboren. Allerdings nicht in der Form, in der wir heute eine Jagd bezeichnen würden, sondern in Form eines Schub- und Gleitspiels. Alles, was die Bauern und Handwerker zu ihrem Spiel benötigt haben, war ein zugefrorener See, einfache Holzscheiben mit Griffen, hölzerne Zielwürfel und ein paar Mitspieler. Das richtige Jagen war nämlich nur dem Adel erlaubt.
Der Vorläufer von dem, was wir heute als Eisstockschießen bezeichnen, galt als Jagdspiel. Weil schlicht und einfach mit einem Holzklotz (Eisstock) der Zielwürfel (Daube) "gejagt" worden ist. Die Idee des Spiels bestand darin, den Besitz des gegnerischen Spielers zu erbeuten. Die Beute wurde dazu eingekreist, der Gegner verdrängt und die Beute geschnappt. Natürlich durfte sich der Gegner anschließend daran versuchen, die Beute zurückzuerobern. Wenn am Ende alle Stöcke gespielt waren, durfte sich diese Mannschaft als Sieger bezeichnen, die als letztes die Beute ihr Eigen nennen konnte.
Wenngleich die Sprache des Stocksports regionale Unterschiede aufweist, so ist hie und da doch zu erkennen, dass das Eisstockschießen tatsächlich auf dieses Jagdspiel zurückzuführen ist: Der Moar, wie der Spielführer einer Mannschaft in manchen Teilen Bayerns und Österreich heute noch genannt wird, stammt vom mittelalterlichen Begriff für den Gutsherren ab. Auch der sogenannte "Schuss" könnte als Versuch oder Spielzug bezeichnet werden. Das ist aber nicht der Fall, obwohl das Eisstockschießen mit dem richtigen Schießen überhaupt nichts zu tun hat.
Und was war mit den Holländern?
Gerne schreiben sich die Niederländer die Erfindung des Eisstockschießens auf die Fahne - erwiesen ist das aber nicht. Fakt ist, dass der niederländische Maler Pieter Breughel der Ältere im 16. Jahrhundert ein Gemälde anfertigte, das er als "Die Heimkehr der Jäger" bezeichnete. Auf diesem Bild, das sich im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet, sind fünf Männer auf zwei zugefrorenen Weihern beim Eisstockschießen zu sehen. Der Titel des Bildes lässt bereits darauf zurückschließen, dass sich der Künstler auf die Sportart aus dem Mittelalter bezog. Was wiederum lediglich als Beweis dafür gelten kann, dass der Vorläufer der Sportart bereits sehr alt ist. Das belegt allerdings nicht, dass die Niederländer das Eisstockschießen in der heutigen Form erfunden haben.
Tatsächlich ist nicht mal erwiesen, ob in den Niederlanden damals der Sport überhaupt praktiziert worden ist. Fakt ist lediglich, dass der Maler von dem Antwerpener Kaufmann Niclaes Jonghelinck den Auftrag erhalten hat, das Jahr in mehreren Kunstwerken darzustellen. "Die Heimkehr der Jäger" - auch als "Jäger im Schnee" bekannt - soll den Januar darstellen. Auffallend ist übrigens die Tatsache, dass Pieter Breughel vor dem Malen des Bildes auf einer längeren Italien- und Alpenraumreise war. Kurz danach ist ein anderes Kunstwerk von ihm fertiggestellt worden: "Schraatsenrijders" (zu deutsch "Schlittschuhläufer"). Und auch auf diesem Bild sind bereits Personen zu sehen, die Eisstöcke schießen. Sporthistoriker gehen also davon aus, dass das Eisstockschießen bereits im 16. Jahrhundert zum normalen winterlichen Bild gehört hat - entweder auch in den Niederlanden oder aber zumindest für den niederländischen Maler auf seiner Reise in den Alpenraum.
Drei Jahrzehnte später...
Obwohl das Eisstockschießen in der Form, wie wir es heute kennen - oder zumindest ganz ähnlich - bereits im 16. Jahrhundert in der Kunst Einklang fand, wurde es danach ruhig und es gibt kaum weitere Hinweise zu finden. Bis zum 19. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen dann gleich drei bekannte Kunstwerke von unterschiedlichen Personen: "Eisschießen vor dem Brandhof" von Jakob Gauermann (1819), "Erzherzog Johann beim Eisschießen auf dem Leopoldsteiner See" von Matthias Loder (1820) und "Das Eisschießen und Eisschießen in Oberbayern" von Theodor Kleehaas (1896). Man kann dies nun also spätestens als Beleg sehen, dass sich das Eisschießen bereits damals großer Beliebtheit erfreuen. Auch schriftlich wurde die Sportart dann immer häufiger erwähnt, beispielsweise vom bayrischen Dichter Heinrich Noe.
Nun war das Eisstockschießen längst kein Sport mehr für Bauern und Handwerker - was spätestens Erzherzog Johann bewiesen hat. Mittlerweile war sogar die Stadt- und Landbevölkerung gleichermaßen begeistert, wenngleich die Sportart vor allem die dörflichen Gemeinden näher zusammen zu bringen schien. Auch der bekannte steirische Dichter Peter Rosegger hat es sich im Jahr 1888 nicht nehmen lassen, eine ganze Geschichte "Über das Eisschießen" zu verfassen. Wenn im Winter also die Lehmbaugruben geschlossen blieben mussten, haben sich die Arbeiter auf den gefrorenen Seen und Weihern getroffen, um gemeinschaftlich die kalten Tage schneller herumzubekommen. Auch wurden im 19. Jahrhundert schließlich die ersten Vereine gegründet, die das Eisstockschießen für ihre Mitglieder anboten.
Eisstockschießen im 20. Jahrhundert angekommen
Einige Jahrzehnte später, ist das Eisstockschießen aus dem Alpenraum nicht mehr wegzudenken. Vor allem die Dörfer lassen es sich nicht nehmen, eigene Teams zu bilden und gegen die Nachbargemeinden anzutreten. Carl. C. Luther, ein renommierter Sport-Journalist seiner Zeit, hat im Jahr 1911 über die "Eisspiele" berichtet. Damals wurde der Boden übrigens noch mit Wachs gleitfähiger gemacht und die Eisstöcke wurden aus Holz gefertigt und mit einem Eisenreifen versehen. Auch wenn es zum Anfang des Jahrhunderts bereits Regeln gab, mussten Normen, wie wir sie heute kennen, noch ein wenig auf sich warten lassen. Aber Meisterschaften hat es bereits gegeben. Das erste wirklich große Event fand 1951 in Garmisch-Partenkirchen statt: die Europameisterschaft. Aus dieser ging Deutschland siegreich hervor - wie viele nachfolgende Jahre auch. Bis heute teilen sich Deutschland und Österreich die Titel - lediglich ein einziges Mal hat es mit Italien ein anderes Land geschafft, die Goldmedaille zu erreichen.
Weltweit hat sich das Eisstockschießen dann 1983 einen Namen machen kommen, nämlich mit der ersten Weltmeisterschaft, die in Frankfurt am Main ausgetragen und von Italien gewonnen wurde. Wenngleich sich mittlerweile auch Länder wie Tschechien, Slowenien und sogar Brasilien (Silber bei der WM 2014) in der Sportart beweisen, ist das Eisstockschießen leider noch keine Olympische Disziplin geworden. Allerdings: 1936 wurde das Eisstockschießen als Demonstrationsbewerb bei den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen vorgestellt und ebenso einige Jahre später in Innsbruck. Eventuell zahlt sich die Hartnäckigkeit früher oder später aus und wer weiß, vielleicht wird die Geschichte des bei uns beliebten Stocksports mit der Einführung bei den Olympischen Spielen eines Tages fortgesetzt?
Quellen: Eisstockbahn Dresden, Stocksport Online
Der Bund Österreichischer Eis- und Stocksportler schreibt über die Anfänge des Eisstocksports
Erste Vorläufer im 13. Jahrhundert
Der Eisstocksport gehört zu den ältesten Wintersportarten in den Alpenländern. Vermutlich kam der Eisstocksport bzw. seine Vorläufer im 13. Jahrhundert aus Skandinavien. Erste Bilder, auf denen eine ähnliche winterliche Freizeitbeschäftigung abgebildet sind, stammen sowohl aus Holland als auch aus dem Alpenraum des 16. Jahrhunderts. Die Behauptung, das Eisstockschießen sei in Holland entstanden, wird inzwischen jedoch angezweifelt, da die Künstler weit gereist waren und ihre Inspiration wohl von Reisen in den Alpenraum mitbrachten.
„Jagdspiel“ Eisstockschießen
Im frühen Mittelalter entwickelte sich aus verschiedenen Schub- und Gleitspielen das „Jagdspiel“ Eisstockschießen. Auf zugefrorenen Seen oder Weihern war Eisstockschießen vor allem bei Brauknechten ein beliebter Zeitvertreib, da jede Brauerei betriebsbedingt einen Brauweiher hatte. Die Brauknechte schnitten sich ihre Zielwürfel aus den Bodenbrettern der Holzfässer, den sogenannten Fassdauben – daher der Name „Daube“. Der Begriff „Moar“ – der Spielführer einer Mannschaft – stammt ebenfalls aus dem Mittelalter. Damals wurde der Verwalter eines Gutshofes als „Meier“ oder „major domus“ (Hausmeier) bezeichnet. Dieser Major war auch der Anführer einer Jagdgesellschaft. Die Regeln der Jagd dienten auch als Grundgedanke des Mannschaftsspiels (Quelle Franz Ritzinger 2015).
Die Entwicklung des Sportgerätes – „Der Eisstock“
Anfangs wurde mit einfachen Holzscheiben gespielt, die aus Baumstämmen oder aus Wurzelstöcken (daher der Name „Eisstock) abgesägt wurden. Um die Holzscheiben besser bewegen zu können, wurde in der Mitte ein Griff angebracht. Später wurden die Stöcke aus Holzstücken (bevorzugt aus Birnen-, Ahorn- oder Kirschholz) gedrechselt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die Stockkörper mit einem Eisenring versehen, um die Stöcke stabiler und widerstandsfähiger gegen harte Stöße zu machen. Ab den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der 3-teilige Eisstock mit Stiel, Gehäuse und Laufplatte eingeführt. Seit damals wird der Sport auch im Sommer ausgeübt (genannt Stocksport) und zwar auf Asphalt, Kunststoffböden bzw. auf Betonpflastersteinen. Die Holz-Laufsohlen wurden ab 1980 aus dem Verkehr gezogen und durch Gummi-Laufsohlen komplett ersetzt. Der heutige Eisstock besteht aus einem Kunststoffkörper, der mit einem Edelstahlring umgeben ist. Die Daube ist ebenfalls nicht mehr aus Holz, sondern ein Ring aus Hartgummi. Verwendet man auf Eis Gummi-Laufsohlen, so bestehen im Sommer die Laufsohlen aus Hartplastik. Die verschiedenen Farben bzw. die „Shore-Härte“ geben Auskunft auf die erreichbare Geschwindigkeit der Stöcke.
Entwicklung Ziel- und Weitschießen
Wann die ersten Wettbewerbe im Weit- und Zielschießen stattgefunden haben, ist nicht bekannt. Es kann jedoch angenommen werden, dass sich die Spieler schon seit der Erfindung des Eisschießens einen Wettstreit um den weitesten Schuss lieferten. Die ersten nachgewiesenen Weit- und Zielschieß-Wettbewerbe fanden im 19. Jahrhundert statt und wurden in Verbindung mit Mannschaftswettkämpfen ausgetragen.
Große Tradition im Breitensport – „Pinzgauer“ und „Kärntner Stock“
In Österreich hat der Breitensport mit seinen vielen Spielformen, wie dem „Pinzgauer“- oder dem „Kärntnerstock“, nach wie vor große Bedeutung und ist weit stärker verankert, als es die offiziellen Mitgliederzahlen zeigen.